Christopher Lauer schlägt im Tagesspiegel vor Facebook zu verstaatlichen.
Seine Begründung dahinter ist, dass der Grund Daten in diesem Ausmaß zu sammeln, vor allem in der Notwendigkeit Gewinn zu erwirtschaften liegt. Ein Staat müsse Infrastruktur halt nur zum Selbstzweck finanzieren. Außerdem können man so demokratisch Einfluss auf die Arbeitsweise des Netzwerks nehmen.
Da ist grundsätzlich natürlich was dran und auch Lauer schreibt, dass er natürlich auch keinen Staat will der auf riesigen Mengen von Daten sitzt und die beliebig an Geheimdienste weiter geben kann. Ich wage mich jetzt aber mal weit aufs Eis und behaupte, dass genau das passieren würde.
Das hat aus meiner Sicht mehrere Ursachen. Zum einen ist das Sammeln der Daten zwar primär dem Geschäftsmodell geschuldet, allerdings spiegelt dieses Modell auch nur die Funktionsweise unserer Konsumgesellschaft wieder. Jede*r möchte etwas sein, jede*r möchte einen Lifestyle und ein Selbstbild pflegen und jede*r möchte konsumieren, ob wir das nun wahr haben wollen oder nicht. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle ob wir nun Bücher, Pornos oder politische Debatten konsumieren. Irgend eine Form von Selbstbestätigung kriegen wir geliefert. Und genau an dieser Stelle setzt Facebook an. Die Algorithmen, die bestimmen was wir wann in der Chronik gezeigt kriegen speisen sich aus unseren Daten. Genau das macht das Konsumerlebnis Facebook aus. Ginge es uns nur darum zu chatten könnten wir auch einen der Tausend Messenger auf dem Markt nutzen, ginge es nur um Nachrichten könnten wir auch rss feeds abonnieren und ginge es nur um Debatten könnten wir uns auch Foren suchen. Doch Facebook liefert uns genau das was wir brauchen um getriggert zu werden und uns animiert zu fühlen unsere Meinung in Form eines Likes, Teilens oder Kommentars zum besten zu geben. Facebook ist Entertainment und genau deshalb nutzen es auch so viele Leute.
Das heißt, insofern wir nicht das System wechseln, das diesem Wunsch nach Konsum zugrunde liegt würde ein staatliches Facebook einfach nicht mehr funktionieren und insofern wir nicht gerade Konkurrenz verbieten (was einfach absurd wäre) würde einfach das nächste große Ding aus dem Boden schießen und das staatliche Facebook wäre ein Flop.
Außerdem stellt sich die Frage ob man das denn wirklich möchte? Wir schimpfen seit Jahren völlig zurecht immer wieder über die Vorratsdatenspeicherung. Jetzt würden wir dem Staat die Daten einfach schenken, insofern wir uns keine tolle, innovative Lösung einfallen lassen die dezentral funktioniert und quasi auf privater Infrastruktur läuft. Denn an dieser Stelle hinkt Lauers Vergleich zur Infrastruktur im Verkehrswesen oder beim Telefonnetz. Denn natürlich muss ein gewisses Vertrauen gegenüber dem Staat am Ende des Tages immer gegeben sein. Doch wenn ich mit meinem Auto auf die Autobahn fahre sitzt kein Beamter mit drin, der die ganze Zeit aufzeichnet wo ich hinfahre und wen ich dabei mitnehme und wenn ich telefoniere nutze ich dafür zumindest noch mein eigenes Telefon und kann selbst entscheiden ob ich mein Gespräch aufzeichnen möchte oder nicht und wem ich den Mitschnitt dann zeige. Klar, die selbe Argumentation könnte man jetzt auch gegenüber Facebook und auch jedem beliebigen anderen Unternehmen bringen aber die kann ich auch regulieren und den Staat von meinen Daten fernhalten. Den Staat kann ich nur regulieren. Die Daten hat er trotzdem erstmal da und ich muss ihm halt vertrauen, dass er sie sich nicht anguckt.
Und tut mir leid, das tue ich jetzt schon nicht. Jetzt stelle man sich vor eine AfD käme an die Daten, die Facebook bunkert oder auch nur an einen Bruchteil davon. Das Ausmaß dessen was man damit anfangen könnte wäre überhaupt nicht absehbar.
Ich habe allerdings auch keinen wirklich besseren Lösungsansatz außer eben endlich auf Schwachsinn wie Facebook zu verzichten.Insofern sehe ich zwar den Gedankengang hinter Lauers Vorschlag, doch ich denke das Problem sitzt deutlich tiefer.